70 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus

8mai

Der 8. Mai 1945 gilt als der Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und bedeutete demnach das Ende der nationalsozialistischen Diktatur und des 2. Weltkrieges in Europa. Wir begreifen diesen Tag als feierlichen Anlass, der Gelegenheit dazu gibt Ereignisse wie Nationalsozialismus, Shoah und Krieg zu thematisieren, sowie gleichzeitig aller Opfer der nationalsozialistischen Tyrannei – in Wort und Tat – zu gedenken.
An diesem Tag wurde zwar Deutschland von der Naziherrschaft befreit, nicht aber von den Nazis und ihrer Ideologie. Ihre geistigen Nachfolger*innen existieren fort und zeigen sich heute zahlreich etwa in Form verschiedener neonazistischer und faschistischer Gruppen oder Organisationen der extremen Rechten – auch hier in Oberhausen.
Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Homo- und Transphobie, sowie eine Vielzahl weiterer menschenverachtender Einstellungen sind jedoch nicht nur im braunen Eck beheimatet, sondern müssen als gesamtgesellschaftliches Problem aufgefasst und bekämpft werden. Als Konsequenz aus der Geschichte, möchten wir daher – frei nach dem Motto der KZ-Überlebenden Esther Bejarano: “Erinnern heißt handeln” – auf diese Umstände hinweisen und daran arbeiten diese zu verändern.

Anlässlich des diesjährigen 70. Jahrestages hat sich in Oberhausen ein breites Bündnis gegründet, um diesen Tag entsprechend zu würdigen. So ist ein buntes Kultur- und Politikprogramm entstanden, welches zwei Wochen lang Gelegenheit bietet, sich zu informieren, den Opfern des nationalsozialistischen Massenmordes zu Gedenken und den Tag der Befreiung zu feiern.

Auftaktrede 2014:

8. Mai 1945 – Tag der Befreiung

Der 8. Mai 1945 ist der Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und gilt damit als Ende des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland.
Vor allem die sowjetischen, US-amerikanischen, englischen und französischen Armeen haben diesen Sieg errungen gegen eine Wehrmacht und den sogenannten Volkssturm, in denen noch bis zum letzten Tag überzeugte Nazis ihr Unwesen trieben und vom „Endsieg“ faselten. Der Großteil der deutschen Bevölkerung kämpfte bis zum jämmerlichen Ende und griff alliierte Streitkräfte an. Nur wenige Antifaschisten und Antifaschistinnen, meist zermürbt durch Zuchthaus und KZ, widersetzten sich der letzten Mobilmachung, desertierten oder kämpften für eine Befreiung Deutschlands.
Wir feiern diesen Tag und gedenken gleichzeitig aller Opfer der nationalsozialistischen Diktatur.

Am 8. Mai 1945 war Deutschland von der Naziherrschaft befreit, aber nicht von den Nazis. In den Regierungen nach 1945, die sich als „demokratisch“ bezeichneten, agierten weiter Nazis. In der Justiz, dem neu geschaffenen Verfassungsschutz, dem Auswärtigen Amt, den Universitäten und Schulen sowie vielen weiteren Stellen saßen – nach einer kurzen sogenannten Entnazifizierung – Nazis an wichtigen Stellen und in Wohlstand und Behaglichkeit auf ihren Sesseln.

Die alten Nazis sterben aus, aber Neonazis und Parteien mit faschistoider Grundausrichtung hetzen weiter zum Beispiel gegen Flüchtlinge, ausländische Menschen, momentan in unerträglicher Weise gegen Sinti und Roma, aber auch gegen Linke, Autonome, Homo-, Bi- und Transsexuelle, Menschen mit Behinderung und so fort. Nazis hetzen aber nicht nur, sie wenden auch brutale Gewalt an. So lange wir uns in unserem antifaschistischem Handeln nicht gefahrlos zeigen können, weil Nazis uns fotografieren, ausspionieren und angreifen, ist es legitim, dass wir unser Gesicht nicht in jede Kamera halten und notfalls auch verdecken.

Außerdem erleben wir immer wieder, dass bürgerliche Parteien und Medien die Hetze der Nazis aufgreifen und – wenn auch sprachlich abgemildert– dieselben Ressentiments bedienen. Flüchtlingsunterkünfte, finanzielle Bedürftigkeit von Flüchtlingen und Immigranten, sprachliche Differenzen und kulturelle Unterschiede werden problematisiert und dienen oft genug dazu, eigene Unzufriedenheiten zu kanalisieren.

Und dies macht deutlich:Der „Tag der Befreiung“ ist kein „Tag der Freiheit“. Denn Freiheit ist ein Zustand und Befreiung ist ein Prozess, der mit der militärischen Befreiung durch die Alliierten begonnen hat und seitdem fortgeführt wird. Wir sollten „Befreiung“ nicht nur auf den militärischen Sieg über Nazideutschland beziehen, sondern müssen ihn radikaler denken. Das heißt etwa:

  • Befreiung von aller faschistischer, neonazistischer Ideologie in Staat und Gesellschaft,
  • Befreiung von Gesetzen und Rechtsprechungen aus der Nazi-Herrschaft
  • Befreiung von staatlicher Repression durch Polizei, Justiz, Militär und ein repressives Bildungswesen, das sich an Bildungsstandards und ökonomischen Interessen orientiert
  • Befreiung von Unterdrückung und Ausgrenzung aufgrund von Herkunft, Sprache, Kultur, Geschlecht, Sexualität, sozialem Stand, körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen usw.
  • Befreiung von Zwängen, Normen und Traditionen, die einengen und vorschreiben
  • Befreiung von der Idee des Nationalstaates und der Grenzen
  • Befreiung von Sklaverei und Lohnsklaverei hier und weltweit
  • Befreiung von Tieren aus Massentierhaltung, Zoos, Zirkussen und Versuchslabors

Bevor wir losgehen, möchten wir an die Demo in Wuppertal erinnern: Am Samstag, dem 10. Mai gibt es eine Demonstration gegen die Unterstützung von neonazistischen und faschistischen Kräften in der Ukraine durch die Bundesregierung und gegen den geopolitischen Konfrontationskurs der NATO und Russland. 10. Mai, 14 Uhr, Alte Freiheit (vor den City-Arkaden) in Wuppertal.Jetzt laden wir euch ein: Demonstriert mit uns in frohem Gedenken an die Befreiung von der Naziherrschaft und in drohender Geste gegen alte und neue Nazis.Habt Spaß dabei, haltet zusammen und befreit ruhig die Straßen von der ganzen verklebten Nazipropaganda, die ihr findet.

Nazis gibt’s in jeder Stadt – bildet Banden, macht sie platt!